Was ist auditive Erinnerungskultur?
Thomas Sebastian Köhn ist Musikwissenschaftler and der Leuphana Universität in Lüneburg. Im Kontext des Forschungsprojektes "Musikalische und klangliche Erinnerungsräume in der Post-Witness Era" forscht er zu der Frage, welche Rolle Musik und Sound beim Erinnern an die NS-Zeit spielen.
Wie können wir der Zeit des Nationalsozialismus erinnern, wenn es keine Zeitzeug*innen mehr gibt, die davon berichten können? Das Älterwerden der Zeitzeug*innen, die den zweiten Weltkrieg und den Holocaust direkt miterlebt haben, führt zu Herausforderungen in der aktuellen Erinnerungsarbeit. Hierbei stellt sich die Frage, welche Rollen Musik und Sound beim Erinnern aktuell spielen und künftig spielen können. Welche Funktionen können Musik und Sound in der sogenannten Post-Witness Era übernehmen?
Folgende zwei Themenfelder sind zentral:
- Forschung: Was hören wir eigentlich, wenn wir uns in einer Gedenkstätte, einer Gedenkveranstaltung oder Ausstellung über den zweiten Weltkrieg in eine Museum befinden? Oder ist in den sozialen Medien ein Beitrag der die NS zeit zum Thema hat mit Musik oder Sound unterlegt? Das Auditive - also das zum Hören gehörige - findet häufig wenig Beachtung und läuft fast beiläufig und unbewusst im Hintergrund mit. Dabei klingt immer etwas. Auch Erinnerungskultur.
- Praxis: Wie können Sound und Musik künftig in verschiedenen Erinnerungskontexten eingesetzt werden? Welche Sounds können und dürfen was darstellen und welche Emotionen können und sollen z.B. mittels Musik dabei erzeugt werden? Es sollen Netzwerke geknüpft werden, die sich diesen Fragen stellen und Strategien entwickeln, wie Sound und Musik dabei effizient eingesetzt werden kann.